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Case Study

Sonne zur Strom- und Nahrungserzeugung

01—
Ausgangssituation

Unser Bedarf für saubere und zuverlässige Erneuerbare Energie wird immer dringender. Hier zeichnet sich jedoch ein Dilemma ab: Wie lassen sich neue Standorte für Solaranlagen finden, ohne wichtiges Agrarland zu gefährden? Lassen sich Land- und Energiewirtschaft vereinen?    

Dieser Frage widmen sich Forscher in einem von der Bundesregierung finanzierten Projekt am Bodensee. Das wichtige und groß angelegte Vorhaben soll klären, wie sich der Spagat zwischen Energieversorgung und Nutzpflanzenanbau meistern lässt.

Hierzu wurde auf einer Versuchsfläche der Demeter-Hofgemeinschaft Heggelbach die bisher größte Agrophotovoltaikanlage (APV) Deutschlands errichtet. Diese Region hat sich zum Ziel gesetzt, ihren Anteil der Erneuerbaren Energien bis 2022 auf 26 Prozent zu erhöhen. Da sich dies nicht allein mit Dachanlagen bewältigen lässt, gleichzeitig aber ein harter Wettkampf um Agrarflächen entbrannt ist, wollen wir neue Chancen und Möglichkeiten ausloten. 

An diesem wichtigen Projekt sind verschiedene Institutionen und Unternehmen beteiligt. Das Fraunhofer Institut für Solare Energiesysteme ISE untersucht bereits seit 30 Jahren, wie sich Nahrungsanbau und Solarstromerzeugung in Einklang bringen lassen.

Weitere Projektbeteiligte sind die Universität Hohenheim, das Karlsruher Institut für Technologie, das Bundesministerium für Bildung und Forschung, die Elektrizitätswerke Schönau (EWS), die Demeter-Hofgemeinschaft Heggelbach, der Regionalverband Bodensee-Oberschwaben und natürlich wir, BayWa r.e.

02—
Herausforderung

Eine 2,4 Hektar große Ackerfläche wurde zu einem Drittel mit Agri-PV-Modulen ausgerüstet. Der Rest galt als Kontrollbereich, um aussagekräftige Vergleichsdaten zum landwirtschaftlichen Ertrag bereitstellen zu können. Über den Vergleich der Erträge auf beiden Teilflächen lässt sich die künftige Machbarkeit des Systems bewerten und klären, ob APV aufgrund gesunkener Energiekosten eine echte Alternative für Bauern darstellt.

Die beiden größten Herausforderungen des Projekts waren der durch die Solaranlage geworfene Schatten und die Erarbeitung eines funktionierenden Business-Case für das Agri-PV-Konzept. 

Landwirte können das unter den Modulen befindliche Land weiterhin für den Anbau nutzen und gleichzeitig genügend Energie erzeugen, um ihre eigenen landwirtschaftlichen Betriebe sowie zusätzliche Haushalte mit Strom zu versorgen. Ein interessanter Ansatz zur Verwirklichung einer hohen Energieausbeute sind bifaciale Solarmodule, die das Licht auf beiden Seiten in Strom umwandeln.  

In zwölf Monaten produzierte die Anlage insgesamt 1.266 kWh/kWp an Strom, ein Drittel mehr als im deutschen Durchschnitt (950 kWh/kWp). Etwa 40 Prozent des erzeugten Stroms wird für den Eigenverbrauch eingesetzt. Über einen neuen Batteriespeicher, der 2018 installiert wurde, sollte dieser Wert auf 70 Prozent hochgeschraubt werden. 

03—
Ergebnis

Die Ergebnisse aus dem ersten Jahr sind ein voller Erfolg. Sie zeigen, dass beide Nutzungsformen miteinander vereinbar sind. Die doppelte Nutzung der Agrarflächen ist ressourceneffizient, verringert die Konkurrenz ums Land und eröffnet Landwirten eine neue Einkommensquelle.

Unser APV-System hat durch Effektivität überzeugt und die Landnutzungseffizienz um 60 Prozent gesteigert.  Obwohl das Projekt noch immer in der Versuchsphase steckt, deuten die hohen Erträge bereits jetzt an, dass in Deutschland Potenzial für eine größere Agri-PV-Ausweitung und signifikantes Wachstum im Bereich Erneuerbare Energien besteht.

Ein Video über dieses Projekt, mit weiterführenden Informationen und Interviews, ist auf YouTube zu finden. (Quelle: Fraunhofer ISE)

Aus agrarwissenschaftlicher Sicht sieht Agri-PV nach einem vielversprechenden Lösungsansatz aus, um die Landnutzungseffizienz zu erhöhen und den Mix Erneuerbarer Energien zu erweitern, die zukünftig aus der Landwirtschaft bereitgestellt werden.

Prof. Iris Lewandowski
Leiterin des Fachgebiets Nachwachsende Rohstoffe und Bioenergiepflanzen an der Universität Hohenheim

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